Legierungen nur bei Metallen? Polymere mit maßgeschneiderten Eigenschaften.
Den größten Anteil in der klassischen Werkstoffkunde haben die Metalllegierungen. Reine Metalle sind eher langweilig, aber wenn man mehrere Metall miteinander vermischt, entstehen Werkstoffe mit den unterschiedlichsten Eigenschaften, manchmal nur durch eine geringfügige Änderung des Mischungsverhältnisses der atomar vorliegenden Metalle.
Im Kunststoffbereich gibt es zwar keine Legierungen, trotzdem sind die Möglichkeiten in der Welt der Polymere nicht weniger spannend. Es geht um fast endlos erscheinende Makromoleküle, bestehend aus bis zu mehreren Millionen Bausteinen, den sogenannten Monomeren. Und interessant wird es, wenn man mehrere Monomere miteinander kombiniert.
Chemisch kompatible Monomere können gemeinsam solche Makromoleküle ausbilden. Bekannte Beispiele sind z. B. die Styrolpolymere SB und ABS. Beim ersteren handelt es sich um ein Copolymerisat aus Polystyrol, ein normalerweise spröder Kunststoff, und Polybutadien, ein synthetischer Kautschuk. Beide zusammen führen zu einem universell einsetzbaren schlagfesten Kunststoff, welcher die gute Formbeständigkeit von Styrol aufweist, gleichzeitig aber auch stoßartige Belastungen aufnehmen kann. Das zweite Material ABS enthält zusätzlich noch ein drittes Monomer, es handelt sich demnach um ein Terpolymer. Diese weitere Komponente ist Acrylnitril, welches dem Kunststoff eine höhere Oberflächenhärte und eine seidenglänzende Optik verleiht. An diesem Beispiel kann man erkennen, dass durch geschickte Kombination ein Polymer mit maßgeschneiderten Eigenschaften entsteht.
Trotz der chemischen Verbindung zwischen den Komponenten handelt es sich um physikalisch weniger gut mischbare Komponenten, so dass bei starker Vergrößerung ein inhomogenes Bild aus Bereichen mit reinem Kautschukanteil und den restlichen Bestandteilen entsteht. Diese Bereiche können sich sehr gut verformen, zuerst elastisch, im Falle eines Crashes aber auch irreversibel plastisch. Somit sind SB und ABS ideale Werkstoffe für robuste Gehäuse.
Im Gegensatz dazu gibt es ein weites Feld von Copolymeren, welche sich auch physikalisch gut vertragen, wie z. B. die aus verschiedenen Polyamid-Typen. Die bekanntesten sind PA 6/66 und PA 6/12 Copolymere. Im allgemeinen führen solche Copolymere zu elastischeren Werkstoffen wie die einzelnen Polymere, und werden auch aus diesem Grund meisten eingesetzt.
Auch sonst sind Copolymere weit verbreitet. Vorrangig bei als Monomeren bekannten Kunststoffe wie Polypropylen oder POM, weil die Materialwissenschaftler immer mehr Möglichkeiten finden, neue Komponenten in die Makromoleküle einzubauen. Copolymer sind deshalb heute oft ein Synonym für einen modernen weiterentwickelten Werkstoff. So ist z. B. das Homopolymer von POM chemisch nicht so gut beständig und weniger schlagfest als das später entwickelte Copolymer. Auch im Polypropylenbereich gibt es eine Vielzahl von speziellen Polymerisaten, die das klassische und universell einsatzbare PP Homopolymer für spezielle Anwendungsfälle optimieren.
Bei der Mischung von chemisch nicht kompatiblen Polymeren spricht man von einem Polymerblend auf physikalischer Basis. Hier als Beispiel das PC+ABS-Blend. Der eine Bestandteil ist das zuvor schon beschriebene Terpolymer. Nun kommt es häufig vor, dass die Temperaturbeständigkeit nicht ausreicht. Durch die Kombination mit PC kann man diese erhöhen und zwar genau in dem Maße wie notwendig. Dadurch erhält man einen Werkstoff aus insgesamt vier Monomeren, jedes bringt seine eigenen Vorteile mit und gleicht die Nachteile der anderen Komponenten aus, z. B. hat Polycarbonat eine glänzende Oberfläche, während für dekorative Teile eher das mattere ABS bevorzugt wird. Braucht man beides, die Temperaturbeständigkeit und Oberflächenqualität, so verwendet man das Blend.